Im Streit die Freundschaft pflegen

Im Streit die Freundschaft pflegen

Mitglieder der „Gilde zur Goldenen Linie von 1666“ schätzen handfeste Auseinandersetzungen

Sonderlich grün waren sich Jeverländer und Harlingerländer nie. Doch eine Gilde will diese Animositäten sogar fördern.Von Wolfgang Malzahn Wittmund. Dreimal klopft Herold Egon Hohn mit der Hellebarde auf den Fußboden. Dann weiß man, daß jetzt etwas Neues kommt. Entweder ein neuer Gang beim Essen. Oder irgend eine neuerliche Gemeinheit. Jeweils 13 Gilde-Herren aus dem Friesischen sowie aus dem Harlingerland treffen sich jährlich am 1. Mai, um den alten Streit wieder aufleben zu lassen, der 1666 zur Ziehung der Goldenen Linie, der Grenze zwischen Friesland und Ostfriesland geführt hat.
Die 26 honorigen Herren sehen in ihren reich verzierten Gewändern aus wie Musketiere aus der Operette. Sie trinken Gilde-Bier und essen Schmalzbrot oder deftigen Schweinebraten. Und sie hauen sich die Gemeinheiten nur so um die Ohren. „Historische Gesellschaft zur Aufrechterhaltung Streytereyen, Händel und Animositäten zwischen dem Jever- und dem Harlingerlande nennt sich ihr Verein, der im Grunde nur ein Ziel kennt: Uber die rücksichtlose Auseinandersetzung die Freundschaft zu pflegen.

So soll es sein: Mit einem Schluck Gilde-Bier aus dem Traditionshumpen stoßen der Wittmunder Bankdirektor Hinrich Lübbers(links) und der Jeveraner Autohändler Siegmund Netcel auf die alte Feindschaft zwischen dem Harlingerland und dem Jeverland an

So soll es sein:
Mit einem Schluck Gilde-Bier aus dem Traditionshumpen stoßen der Wittmunder Bankdirektor Hinrich Lübbers(links) und der Jeveraner Autohändler Siegmund Netcel auf die alte Feindschaft zwischen dem Harlingerland und dem Jeverland an

 

 

 

So betonte Anton-Wilhelm Janssen zum Beispiel, dass es den Jeveranern „in Wittmund nicht geheuer“ ist. Er sei heilfroh, dass, Fräulein Maria die Jeveraner davor bewahrt habe “ zum Hohn der der WeltOstfriesen zu werden“. Neben dem historlschen Streit werden aber auch Vorkommnisse beim Nachbarn ganz aktuell auf die Schippegenommen, Thomas-Michael Böhme zum Beispiel berichtet amüsiert darüber, wie das Friesische Brauhaus mal hierhin, mal dahin verschachert wird und wie die Jeveraner ihre stinkenden Putenmastställe an die Grenze zu Ostfriesland planen.
Günther Schmöckel hingegen spricht von „Verleumdungen und Verdrehungen, gepaart mit Neid und Mißgunst“.
In Jever herrsche eitel Sonnenschein, während sich im Harlingerland Pleiten, Pech und Pannen überholen.
Und er nennt Beispiele wie die Schlamperei bei der Stadtlotterie: „Alles wiehert,alles lacht – wie hat Wittmund das gemacht?“
Während dann schon mal Jevers Stadtdirektor Ingo Hashagen zun unfehlbaren „Terminator“ wird, bescheinigt Schmöckel dem Wittmunder Bürgermeister Karl-Heinz Krüger den „schwierigsten Job Deutschlands“. Und Bürgermeister-Kandidat Alfred Siebolds müsse „Probleme mit dem Geruchssinn“ haben wenn er vollmundig ankündigt, das Freizeitzentrum Isums in Nachbarschaft der Biogas-Anlage ausbauen zu wollen. Über die Überdachungs-Pläne von proWittmund können die Jeveraner nur lachen : „Bevor Wittmund eine Erlebnisstadt wird, haben wir in Jever längst den Vatikan samt Petersdom installiert.“
Doch spätestens nach der versöhnlichen Gastrede von Dr.Antje Sander-Berke, der Leiterin des Schlossmuseums, ist allen wieder klar :
„Irgendwie sind wir doch alle Friesen.“